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Buch Clay Sculpting with the Shiflett Brothers

Wer sich mit der traditionellen Modellierung von Figuren beschäftigt wird eher früher als später von den beiden Shiflett Brüdern sehen, lesen oder hören. Die Shiflett Brothers sind Ikonen der traditionellen Modellierung. Die beiden aus Texas stammenden Brüder Brandon und Jarrod Shiflett beschreiben sich selbst als Comic-Buch-Nerds, die nerdigen Kram modellieren. Dabei sind sie vielmehr als das.

Brandon und Jarrod waren Vorreiter in dem Gebiet der heutigen Collectibles, Büsten und Action-Figuren. Sie waren die ersten, die auf reinen Comic-Messen mit Ihren Figuren in einer Ecke standen und kaum Beachtung fanden. Doch schnell wendete sich das Blatt und die beiden Brüder erlangten internationale Bekanntheit.

Ihre Skulpturen wurden in Büchern und Magazinen auf der ganzen Welt sowie in sechs einzelnen Bänden des jährlich erscheinenden Buches Spectrum: Das Beste aus der zeitgenössischen fantastischen Kunst veröffentlicht. Die Arbeiten der Brüder finden sich in Designfirmen für Videospiele, Spezialeffekte und in Kunstabteilungen verschiedener Branchen sowie in den persönlichen Sammlungen der Filmregisseure Peter Jackson, Robert Rodriguez und des Gründers von Weta Workshop, Sir Richard Taylor, wieder.

Brandon und Jarrod unterrichteten im Gnomon Workshop in Hollywood, Kalifornien, eine Schule für Modellierung für die Comic-Industrie, wo sie auch Lehr-DVD mit dem Titel „Fantasy Sculpting“: Der Drache von Argos“ veröffentlichten. Sie hatten die Ehre, in der Jury für Spectrum 18: The Best in Contemporary Fantastic Art zu sitzen, und waren ein paar Jahre später überwältigt, als sie den Gold Award in Dimensional Work für Spectrum 21 erhielten.

Von ihrer Arbeit an ikonischen Marvel-Superhelden bis hin zu ihren originellen Charakterkonzepten, die sie unter dem Banner Shiflett Brothers Originals produzieren, lieben Brandon und Jarrod nach wie vor das, was sie tun: Science Fiction, Fantasy und Comic-Bücher durch Skulpturen Leben einzuhauchen.

Ihren Stil bezeichnen sie selbst als „roh“ und überlassen es so dem Betrachter, die Figuren mit viel Fantasie und Vorstellungskraft zu betrachten. Dies ist nicht jedermanns Sache, da sich der Trend immer mehr in Richtung der digitalen Modellierung bewegt, wo alles auf Hochglanz poliert ist und vor sehr feinen Details nur so strotzt. Mir persönlich sagt der rohe Stil der Shiflett Brothers, welcher nicht immer 100% akurat sein will, sehr zu. Die Figuren wirken natürlicher und lebendiger, die eigene Vorstellungskraft und Fantasie wird gefordert. Außerdem ist es toll, wenn bereits sehr früh im Prozess erkennbar ist, was die Figur ausdrücken möchte. Und hierdrin sind die Shiflett Brüder wirklich Meister.

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Buch Clay Sculpting with the Shiflett Brothers

Die Einleitung

Es ist schon irgendwie lustig: Kurz nachdem ich angefangen habe, an meinem eigenen Buch „Modellierung und Sculpting für Anfänger“ zu schreiben, erfahre ich, dass die Shiflett Brothers an einem ähnlichen Buch schreiben. Einige Monate später halte ich es in der Hand und muss feststellen, dass es tatsächlich Parallelen gibt und sie die selbe Idee mit ihrem Buch verfolgen.

Das Buch fängt an, indem es die Geschichte der Shiflett Brothers erzählt. Von der Jugend und Kindheit bis zu dem Moment, wo sie das erste mal Clay in der Hand halten. Interessant fand ich vor allem den Part, wo sie die Anfänge in der Industrie beschreiben und wie sie dort quasi „hineingerutscht“ sind. Man muss dazu sagen, dass die beiden das große Glück hatten, kaum Konkurrenz zu haben und sozusagen  die einzigen auf ihrem Gebiet waren zu diesem Zeitpunkt. Es gab zwar schon vorher Bildhauer und Modellierer, aber das Thema war eher eine Nische und unbekannt.

Nach der Einleitung geht es unter anderem auch um ihre Werke selbst und das Mindset hinter ihrer Arbeit. Sie selbst bezeichnen ihren Stil eher als „roh“ und „los“. Sie beschreiben, welche Hürden dieser Stil auch gerade in der heutigen Zeit mit sich bringt. Nicht jeder feiert ihre Werke. Wurden Actionfiguren früher noch klassisch mit Clay modelliert und im Anschluss produziert, übernehmen das heute größtenteils nur noch digitale Künstler. Die fertigen Produkte sind um ein vielfaches symetrischer und besitzen oftmals mehr Details. Verlieren dadurch aber auch einen Teil ihrer Natürlichkeit. Denn in der Natur ist eben nicht alles perfekt und symmetrisch.

Einfacher und verständlicher Einstieg in die Modellierung

Nach den ersten Seiten geht es dann auch direkt los. Die Brüder zeigen ihren Arbeitsbereich und beschreiben die Werkzeuge und Tools, die sie bei Ihrer täglichen Arbeit benutzen. Wer schon länger dabei ist und bereits ein paar Figuren modelliert hat, wird hier nichts aufregendes oder neues finden. Hier werden die klassischen Werkzeuge vorgestellt und kurz beschrieben, von Super Sculpey über Apoxie, bis hin zur Nudelmaschine und verschiedenen Tools wie BallPens, Color Shaper und Co. Ein paar der vorgestellten Materialien gibt es leider nicht in Deutschland, aber wer ein wenig recherchiert wird feststellen, dass es vergleichsweise ähnliche Produkte gibt. Oftmals unterscheiden sich die Produkte dann auch nur im Namen.

Schritt für Schritt zur fertigen Figur

Nachdem alle Materialien vorgestellt und beschrieben sind geht es auch schon los. Hier kommt der eigentlich interessanteste Part, indem die Brüder ihren Workflow beschreiben. Für mich persönlich war dies das Kaufargument für das Buch. Ich wollte wissen, worüber die Brüder sich Gedanken machen, wollte ihre Schritte nachvollziehen und sehen, wie sie mit bestimmten Problemen während der Modellierung umgehen. Ich finde es enorm wichtig, dass man sich in der täglichen Arbeit nicht festfährt. Nur weil man etwas „immer so macht“ und es bisher funktionierte heißt das nicht, dass es der einzige und vor allem beste Weg ist. Man kann sich nur entwickeln, wenn man auch einmal andere Dinge ausprobiert.

Und genau das ist passiert: ich habe mich entwickelt, während ich der Schritt-für-Schritt-Anleitung der Shiflett Brothers gefolgt bin und gemeinsam mit Ihnen den Death Dealer nachgebaut habe. Aber eins nach dem anderen…

Erstmal in den Baumarkt

Das Buchcover ziert eine Skulptur des Death Dealers. Das Originalbild, welches als Vorlage für diese Figur genommen wurde, ist von Frank Frazetta, einem der bekanntesten und einflussreichsten Fantasy- und Science-Fiction-Illustratoren. Sein Stil wurde von vielen kopiert und imitiert, aber nie erreicht. Frank Frazetta ist leider 2010 von uns gegangen, aber seine Werke bleiben unerreicht.

Ich war natürlich sehr froh als ich gesehen habe, dass genau diese Figur als Beispiel für die Schritt-für-Schritt-Demonstration gewählt wurde, da es sich um mein Lieblingswerk von Frank Frazetta und den Shiflett Brothers handelt. Also habe ich mich auch direkt daran gemacht, mir die ersten Seiten durchgelesen und nachgesehen, welche Materialien es für den Nachbau braucht. Da mir zum Bau der Armatur und des Dioramas noch ein paar Materialien fehlten (allen voran Holz, Drahtgitter und Plastikröhrchen), bin ich erstmal in den Baumarkt gefahren.

Grundsätzlich arbeiten die Shiflett Brothers nicht wesentlich anders, als andere Modellierer. Sie fangen mit dem Bau der Armatur an, machen einen groben Blockout der Figur mit Apoxie und Clay und im Laufe der Zeit kommen immer mehr Details hinzu. Was allerdings neu für mich war, ist die Verwendung von Plastik-Röhrchen und feinem Drahtgitter. Die Röhrchen helfen, um verschiedene Teile während der Arbeit immer wieder auseinander- und zusammenstecken zu können und somit flexibler zu bleiben und besser an bestimmten Bereichen zu arbeiten. Das Drahtgitter wurde für den Umhang benutzt, da es das Clay sehr gut trägt und in einer fixen Position halten kann.

Vorbereitung des Dioramas und der Armatur

Nachdem ich alle Materialien beisammen hatte, habe ich angefangen, das Diorama und die Armatur vorzubereiten. Wie immer arbeite ich auch bei dem Death Dealer im Maßstab 1:6. In diesem Fall habe ich mich allerdings für einen sehr großen und hohen Sockel aus Holz entschieden, weil der Death Dealer hierdurch nochmal an Größe und Ausdruckskraft gewinnt. Außerdem bietet der Holzsockel genügend Platz für die Dämonen und Monster, welche sich unterhalb der Klippe bzw. des Vorsprungsbefinden werden.

Da das Originalbild den Death Dealer in einer dynamischen Bewegung zeigt, wollte ich das so gut es geht einfangen. Hierzu ist es wichtig, das die Armatur in die richtige Pose gebogen und sozusagen eins mit dem Diorama wird. Die Klippe hilft dabei, den Death Dealer in Szene zu setzen. Er schaut auf die Dämonen herab und holt mit seiner Axt zum vollen Schwung aus.

Damit ich diese Pose gut einfangen kann, habe ich mir sehr viele Referenzbilder angesehen. Das Vorbild für die Pose waren letztlich Baumfäller mit Axt und Wikinger während des Kampfes.

Um den Vorpsrung der Klippe nachzubauen habe ich auf kleine Holzblöcke aus dem Baumarkt zurückgegriffen. Diese erhält man in der Sägeabteilung sicherlich für lau, wenn man nett nachfragt. In mancher Augen ist das Müll, für andere ist es wertvolles Material. Die kleinen Holzblöcke habe ich auf dem Holzsockel angeordnet und mit Hilfe von Aluminiumfolie sämtliche Lücken gefüllt. Anschließend habe ich die einzelnen Stücke mit Apoxie miteinander verklebt. Dieser Schritt ist elementar, da die Figur später genau hier stehen soll. Deshalb ist es wichtig, dass dieser Bereich sehr stabil ist und der Armatur einen sicheren Stand bietet. Um das zu gewährleisten habe ich dann auch das erste mal mit den Plastikröhrchen gearbeitet, wie die Shiflett Brothers es in ihrem Buch beschreiben. Die Plastikröhrchen es erlauben, die verschiedenen Teile ineinander stecken zu können. So hat man jederzeit die Möglichkeit, die Figur von der Klippe herunterzunehmen.

Diorama und Armatur bauen
Diorama und Armatur bauen

Waffen aus dem 3D-Druck

Da ich die Axt so detailgetreu wie möglich haben wollte, entschied ich mich bei diesem Projekt dazu, diese per Nomad Sculpt auf meinem iPad zu modellieren und anschließend mit dem 3D-Drucker zu drucken. Wer einigermaßen im Umgang im Bereich 3D-Modeling ist, kann hier in sehr kurzer Zeit hervorragende Ergebnisse erzielen. Für die Axt habe ich keine Stunde Arbeit benötigt und musste sie anschließend nur durch den Drucker jagen. Das hat in diesem Fall etwas länger gedauert, da die Axt größer als das Druckbett meines Anycubic Photon Mono ist, sodass ich vertikal Drucken musste. Der Druck hat gute 4 Stunden gedauert, Zeit in der ich an der Figur weiter arbeiten konnte.

Armatur für Umhang mit Drahtgewebe erstellen

Kleidung zu modellieren ist nicht immer leicht, vor allem wenn es sich z.B. um einen Umhang handelt, welcher den Eindruck erwecken soll, dass er im Wind weht. Die Shiflett Brothers behelfen sich hierbei mit einem Drahtgitter, welches quasi als eigenständige Armatur für den Umhang funktioniert. Damit dieses Drahtgewebe an der Figur hält, muss es erstmal in die richtige Form geschnitten und anschließend mit Apoxie an die Figur angebracht werden. Ich habe das Drahtgitter hierzu sehr großzügig ausgeschnitten und mit Apoxie Sculpt unterhalb des Gürtels an den Körper angepresst. So erweckt es im Nachhinein den Anschein, als würde der Ursprung der Schürze unter dem Gürtel liegen. Mit kleinen Drähten, welche ich um die Beine gewickelt habe, habe ich den Umhang zudem fixiert, damit das Apoxie in Ruhe aushärten kann.

Death-Dealer Work in progress 2

Umhang modellieren

Wenn das Apoxie  ausgehärtet ist, können die beiden Drähte wieder entfernt werden. Als nächste habe ich mit einer herkömmlichen Schere noch einmal das Drahtgewebe bearbeitet und an manchen Stellen in Form geschnitten. Der Umhang soll am Ende weder zu klein, noch zu groß werden. Zusätzliche Unebenheiten wie Faltenwurf, geben dem Umhang noch etwas dynamisches. Also habe ich das Drahtgitter an manchen stellen noch gebogen, gezogen und gestaucht. Der letzte Schritt besteht darin, das Drahtgewebe mit einer dünnen Schicht Apoxie Sculpt einzukleiden und das ganze dann wieder aushärten zu lassen. Auf dem nachfolgenden Bild sieht man, wie der Umhang komplett mit Apoxie eingehüllt wurde. Man kann auch erkennen, dass ich den inneren Teil ausgelassen habe und wie dort das Drahtgewebe noch leicht durchblickt. Das war in diesem Fall eine bewusste Entscheidung von mir, da es der Figur einen rauen und unvollendeten Look gibt. Ganz so, wie es die Shiflett Brothers machen.

Außerdem habe ich schonmal die Armaturen für die Dämonen erstellt. Bei den Armaturen beschränke mich allerdings auf den Oberkörper, da die Beine der Dämonen später nicht sichtbar sind. Damit ich die drei Dämonen zu jederzeit hinzu und wegnehmen kann, habe ich wieder mit Plastikröhrechen gearbeitet.

Vergleich 2019 vs. 2022

In dem folgenden Bild seht ihr einen Death Dealer aus 2019, den ich damals als einer meiner ersten Figuren modelliert habe. Wie ich finde, erkennt man hier eine sehr schöne Entwicklung in meinen Arbeiten. Heute lege ich viel mehr Wert darauf, dass meine Figuren ein passendes Diorama erhalten. Denn nur so ist es meiner Meinung nach möglich, eine Geschichte zu erzählen und die Figur wirklich lebhaft erscheinen zu lassen und in einen Kontext zu setzen.

Fortsetzung folgt…

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