Mein Wechsel zur digitalen 3D-Modellierung: Warum ich aktuell weniger mit traditionellem Ton arbeite
Seit Jahren ist die Modellierung mit Ton ein wesentlicher Bestandteil meiner kreativen Arbeit. Es gibt kaum etwas Befriedigenderes, als mit den eigenen Händen aus einem formlosen Material etwas Greifbares zu erschaffen. Doch in den letzten Monaten habe ich mich immer mehr der digitalen 3D-Modellierung zugewandt – nicht, weil ich das Arbeiten mit physischem Material nicht mehr schätze, sondern weil sich meine Lebensumstände geändert haben und die digitale Modellierung einige unschlagbare Vorteile bietet.
Platzmangel: Die räumliche Herausforderung der traditionellen Modellierung
Ein wesentlicher Grund für meinen Wechsel ist mein Umzug. Wer sich mit der traditionellen Modellierung auskennt, weiß, dass sie viel Platz benötigt. Neben der eigentlichen Arbeitsfläche braucht man Stauraum für die Modelliermasse, Werkzeuge, Drahtgestelle, Gipsformen und eine Lagerung für unfertige (und fertige) Werke. Je nachdem, ob man seine Skulpturen brennen, backen, lufttrocknen oder abformen möchte, kommt sogar noch mehr Equipment und Platzbedarf hinzu.
In meiner neuen Umgebung steht mir dieser Platz schlicht nicht mehr zur Verfügung. Während ich in meiner vorherigen Wohnung einen separaten Raum oder eine großzügige Ecke für mein Material hatte, ist das nun nicht mehr möglich. Die digitale Modellierung hingegen benötigt kaum physischen Raum – nur einen PC oder ein Tablet. Das reduziert nicht nur den Platzbedarf, sondern auch den organisatorischen Aufwand erheblich.
Familienleben: Weniger Zeit für aufwändige Vor- und Nachbereitungen
Ein weiterer entscheidender Faktor: Ich bin Vater geworden! Wer Kinder hat, weiß, dass sich der Alltag damit grundlegend ändert. Kreative Arbeiten, die lange ununterbrochene Sessions erfordern, sind schwieriger umzusetzen.
Modellierung mit Polymer Clay erfordert nicht nur die eigentliche Zeit zum Modellieren, sondern auch Vorbereitungen (Arbeitsplatz herrichten, Modelliermasse vorbereiten, Werkzeuge bereitlegen) und Nachbereitungen (Reinigung der Flächen, Pflege der Materialien). Gerade das Reinigen ist ein wichtiger Punkt – Klebende Rest von Clay, Wasserreste und Schmutz von Werkzeugen können nicht einfach liegen bleiben.
Digitale Modellierung ist in dieser Hinsicht wesentlich praktischer. Ich kann mich an meinen PC oder mein iPad setzen, sofort loslegen und bei Bedarf einfach abspeichern und später weitermachen – ohne groß aufzuräumen oder mich kümmern zu müssen. Das ist ein entscheidender Vorteil, wenn man nur begrenzte Zeitfenster hat.
Bestehender Arbeitsplatz: Effizienz durch vorhandene Infrastruktur
Da ich im Homeoffice arbeite, besitze ich bereits einen leistungsfähigen Computer und eine entsprechenden Arbeitsplatz. Die digitale Modellierung ließ sich daher mühelos in meinen Alltag integrieren, ohne dass ich mir Gedanken über neue Anschaffungen oder Platzprobleme machen musste.
Im Gegensatz zur traditionellen Modellierung, bei der ich oft zwischen Arbeits- und Hobbybereich wechseln musste, kann ich jetzt nahtlos in meine kreative Arbeit eintauchen, ohne einen physischen Wechsel des Arbeitsplatzes vorzunehmen. Dadurch spare ich Zeit und kann meine Kreativität besser nutzen.
ZBrush auf dem iPad: Flexibilität und Mobilität
Ein wichtiger technologischer Fortschritt, der mir den Wechsel erleichtert hat, ist die Verfügbarkeit leistungsstarker Modellierungssoftware auf mobilen Geräten. ZBrush und Nomad Sculpt für das iPad ermöglichen es mir, überall zu arbeiten – sei es auf der Couch, unterwegs oder während mein Kind neben mir spielt oder schläft.
Früher war digitale 3D-Modellierung stark an einen leistungsfähigen Desktop-PC gebunden, doch mit den neuesten Software- und Hardware-Entwicklungen ist es nun möglich, hochdetaillierte Modelle direkt auf einem Tablet zu erstellen. Die Kombination aus Touchscreen-Steuerung und Stiftbedienung macht das Arbeiten sogar noch intuitiver als mit einer Maus oder einem Grafiktablett.
Weniger Materialkosten, weniger Verbrauch
Ein weiterer Punkt, den ich mit der Zeit immer mehr zu schätzen gelernt habe: Digitale Modellierung ist auf lange Sicht günstiger.
Clay, Werkzeuge, Drahtgestelle, Farben, Pinsel – all das kostet Geld. Zudem kommt der Verbrauch von Material: Modelliermasse muss regelmäßig nachgekauft werden, Acrylfarben sind teuer und trocknen aus, Werkzeuge nutzen sich ab. Auch Stromkosten (Polymer Clay muss teilweise lange im Ofen gebacken werden) oder die Abformung mit Silikon und Gips verursachen laufende Kosten.
Bei der digitalen Modellierung gibt es diesen Materialverbrauch nicht. Einmal gekaufte Hard- und Software bleibt bestehen und benötigt keine Nachbestellungen (im Falle von ZBrush kommt hier leider ein Abo für derzeit 9,99€ zu tragen). Der Stromverbrauch hält sich zudem in Grenzen.
Fehlerkorrektur ohne Risiko
Jeder, der schon einmal mit Ton gearbeitet hat, kennt das Problem: Man kann zwar modellieren, hinzufügen und glätten – aber wenn etwas einmal trocken ist oder eine größere Form verformt wurde, ist die Korrektur oft schwierig oder unmöglich. Ein falscher Schnitt oder eine instabile Konstruktion kann bedeuten, dass die Figur komplett unbrauchbar wird.
Im digitalen Bereich existiert diese Gefahr nicht. Ich kann mit Undo jederzeit einen Schritt zurückgehen oder mir Speicherstände mit verschiedenen Versionen sichern. Das gibt mir mehr Freiheit zum Experimentieren, ohne Angst haben zu müssen, dass eine kleine Unachtsamkeit Stunden oder Tage der Arbeit zunichtemacht.
3D-Druck als Brücke zwischen digitaler und physischer Welt
Was mich besonders begeistert: Die digitale Modellierung bedeutet nicht, dass ich das Greifbare aufgebe.
Mit modernen 3D-Druckern kann ich meine digitalen Skulpturen jederzeit in physische Objekte verwandeln. Das gibt mir die Möglichkeit, meine Arbeiten trotzdem „real“ in den Händen zu halten – nur ohne die Nachteile des traditionellen Modellierens.
Zudem eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten: Ich kann ein Modell in verschiedenen Größen drucken, leicht Varianten erzeugen oder ein digitales Werk vervielfältigen. Das wäre mit reiner Handmodellierung nur mit hohem Aufwand möglich.
Fazit: Digital ist nicht besser – aber es passt aktuell besser zu mir
Mein Wechsel zur digitalen Modellierung bedeutet nicht, dass ich traditionelle Techniken aufgegeben habe oder sie nicht mehr schätze. Im Gegenteil: Ich liebe die Arbeit mit Ton nach wie vor. Doch meine aktuellen Lebensumstände – begrenzter Platz, wenig Zeit und der technologische Fortschritt – haben dazu geführt, dass die digitale Modellierung für mich derzeit der praktischere Weg ist.
Vielleicht werde ich in Zukunft wieder mehr mit Ton arbeiten, wenn sich meine Situation ändert. Aber fürs Erste genieße ich die neue Flexibilität, die mir die digitale Welt bietet. Und wer weiß? Vielleicht entstehen bald hybride Projekte, die das Beste aus beiden Welten vereinen.